Mitwirkungsrechte der Studierenden im Senat der Universität Trier verletzt

23.04.2014

Die Studierendenvertreter im Senat der Universität Trier haben einen Anspruch auf die erneute Beratung über die Einrichtung des neuen Studiengangs Pflegewissenschaften (Klinische Pflege). Das entschied das Oberverwaltungsgericht in Koblenz und hob damit ein anders lautendes Urteil des Verwaltungsgerichts Trier von November 2013 auf.

Der Antrag auf Einrichtung des Studiengangs war im Juni 2013 gegen die Stimmen sämtlicher studentischer Vertreter im Senat der Hochschule angenommen worden. Unter Berufung auf ihre geschlossene Ablehnung (sog. Gruppenveto) machten die Kläger gegenüber dem Beklagten geltend, das Hochschulgesetz vermittle ihnen einen Anspruch darauf, dass der fragliche Tagesordnungspunkt erneut im Senat behandelt wird. Der Beklagte lehnte dies unter Hinweis darauf ab, die Einrichtung eines neuen Studiengangs betreffe Angelegenheiten der Lehre nicht unmittelbar. Für diesen Fall gebe es keinen Anspruch auf Neubehandlung im Senat. Zu Unrecht, wie das Oberverwaltungsgericht jetzt feststellte.

Das Hochschulgesetz des Landes Rheinland-Pfalz habe bereits im Jahr 1995 erstmals das sog. studentische Gruppenveto eingeführt, um die Mitbestimmung der Studierenden auszuweiten, so die Richter. Dafür, den Begriff der Angelegenheiten der Lehre, die zu einem Gruppenveto berechtigten, eng auszulegen, enthalte das Gesetz keinerlei Anhaltspunkt. Es sei im Gegenteil so, dass im Bereich der Lehre der Mitwirkung der Studierenden ein besonderer Stellenwert zukomme. Sachgerechte Entscheidungen auf dem Gebiet der Lehre könnten vielfach nur getroffen werden, wenn Erfahrungen und Argumente von Lehrenden und Lernenden berücksichtigt und ausgeglichen würden. Das Gruppenveto stelle sich insoweit als Regelung dar, die im Lichte der universitären Selbstverwaltung und Wissenschaftsfreiheit das Zusammenwirken der Grundrechtsträger innerhalb der Hochschule (Lehrender und Lernender) als „kollegiale Verfassung des Hochschullebens“ ordne und hierzu die Mitwirkung und damit die Teilhabe der Studierenden in Angelegenheiten der Lehre besonders sichere.

Die Einrichtung eines Studiengangs sei keinesfalls eine allein hochschulpolitische Entscheidung, welche die Lehre nicht berühre. Im Rahmen ihrer Ausbildungsaufgabe obliege es der Hochschule, die Rahmenbedingungen zu setzen, wozu insbesondere auch die Einrichtung von Studiengängen gehöre. Damit korrespondiere ein verfassungsmäßiges Recht der Studierenden, in die Lage versetzt zu werden, das Ziel des Studiums auch erreichen zu können. Die Neueinrichtung eines Studiengangs könne dabei vor allem, zumal unter dem den Hochschulen auferlegten Spardruck, grundsätzlich zulasten einer schon bestehenden Lerneinheit gehen und so die Interessen der Studierenden in Angelegenheiten der Lehre unmittelbar tangieren.

Hinzu komme im Fall der „Einführung eines dualen Studiengangs ‚Pflegewissenschaften (Klinische Pflege)’ an der Universität Trier“ der Umstand der beabsichtigten teilweisen Finanzierung dieses neuen Studiengangs durch Drittmittel. Nicht zuletzt durch diese Erscheinungsform einer verstärkten Ökonomisierung des Wissenschaftsbetriebs könne durch zunehmende Steuerungseffekte, die von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen könnten, die Wissenschafts- und Lehrfreiheit gefährdet werden. Im Modell der leistungsorientierten Mittelvergabe stelle sich die Ressourcenverteilung durchaus als ein ernst zu nehmendes Gefährdungspotential für die Wissenschaftsfreiheit dar. Derartigen strukturellen Gefahren für die Wissenschaftsfreiheit könne begegnet werden, indem in den Kollegialorganen der Hochschule Erfahrungen und Argumente von Lehrenden und Lernenden berücksichtigt und sachgerecht ausgeglichen würden.

Urteil vom 15. April 2014, Aktenzeichen: 2 A 10022/14.OVG