Nordrhein-Westfälische Neuregelung über die Einstellungsaltersgrenze für Beamte verfassungsgemäß

Die seit Januar 2016 geltende Neuregelung des Landes Nordrhein-Westfalen, wonach eine Ernennung zum Beamten grundsätzlich nur vor Vollendung des 42. Lebensjahres erfolgen kann, verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen Unionsrecht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der 1963 geborene Kläger ist seit 2004 bei dem beklagten Land als tarifbeschäftigter Lehrer an einem Berufskolleg tätig. 2007 bestand er die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt. 2009 stellte er einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Dieser wurde mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger die für die Ernennung zum Beamten nach der Laufbahnverordnung geltende Altersgrenze von 40 Jahren bereits überschritten habe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte bis zum Bundesverwaltungsgericht keinen Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechende Vorschrift der Laufbahnverordnung des beklagten Landes im Verfahren des Klägers für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen (Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 – BVerfGE 139, 19). Eine für die Grundrechte der Betroffenen so bedeutende Regelung sei nicht in einer Verordnung, sondern nur in einem Gesetz zu treffen.

Das beklagte Land hat mit Wirkung vom 1. Januar 2016 eine gesetzliche Altersgrenze von 42 Jahren festgelegt und dazu umfangreiche Ausnahmeregelungen getroffen. Auf dieser Grundlage hatte das Bundesverwaltungsgericht über das Verbeamtungsbegehren zu entscheiden. Es hat die Revision des Klägers (erneut) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Neuregelung ist verfassungsgemäß. Sie stellt zwar einen Eingriff in die Grundrechte des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 (Zugang zu öffentlichen Ämtern) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) dar. Sie ist jedoch vor dem Hintergrund des beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzips gerechtfertigt, wonach der Dienstherr ein berechtigtes Interesse an einem angemessenen Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit hat. Aus demselben Grund liegt auch kein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie (RL 2000/78/EG) vor.

Im Falle des Klägers musste der Beklagte auch keine Ausnahme von der Altersgrenze zulassen. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf § 14 Abs. 10 Nr. 1 Landesbeamtengesetz NRW (LBG NRW) berufen, weil diese Norm dem Dienstherrn allein im öffentlichen Interesse ermöglicht, Ausnahmen vorzusehen, wenn er nämlich ein erhebliches dienstliches Interesse hat, den Bewerber zu gewinnen oder zu behalten. Ein subjektives Recht des Bewerbers enthält diese Vorschrift nicht.

Schließlich bestand für den Dienstherrn auch kein Anlass für eine Billigkeitsausnahme nach § 14 Abs. 10 Nr. 2 LBG NRW. Durch die Unvereinbarkeitserklärung hat das Bundesverfassungsgericht dem beklagten Land die Möglichkeit eingeräumt, auch für Altfälle eine neue, verfassungsgemäße gesetzliche Regelung zu treffen. Das in der Ausnahmevorschrift enthaltene Ermessen hat das beklagte Land in vertretbarer Weise ausgeübt.

BVerwG 2 C 11.15 – Urteil vom 11. Oktober 2016

Vorinstanz:
VG Gelsenkirchen 1 K 5181/09 – Urteil vom 10. November 2011

Gesetz über die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz – LBG NRW) vom 14. Juni 2016

§ 14

Einstellung

[…]

(3) Als Laufbahnbewerberin oder Laufbahnbewerber darf in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt werden, wer das 42. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

[…]

(10) Weitere Ausnahmen von der jeweiligen Höchstaltersgrenze können zugelassen werden, und zwar

1. für einzelne Fälle oder Gruppen von Fällen, wenn der Dienstherr ein erhebliches dienstliches Interesse daran hat, Bewerberinnen oder Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen, zu behalten oder

2. für einzelne Fälle, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von der Bewerberin oder dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, welches die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe.

Ein erhebliches dienstliches Interesse im Sinne von Nummer 1 liegt insbesondere vor, wenn die Ausnahmeerteilung zur Sicherstellung der Erledigung der öffentlichen Aufgabe erforderlich ist.

(11) Über die Ausnahmen gemäß Absatz 10 entscheidet für die Beamtinnen und Beamten

1. des Landes die oberste Dienstbehörde als Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem für Inneres zuständigen Ministerium und dem Finanzministerium,

[…]