VG Koblenz: Höheres Ruhegehalt nach Tornadounfall

04.12.2013

Der Kläger steuerte am 23. März 2009 gegen 21:00 Uhr ein Kampfflugzeug des Waffensystems Tornado. Nachdem er viermal vergeblich versucht hatte, auf dem Flughafen Cochem-Büchel zu landen, geriet das Flugzeug beim fünften Versuch auf der Landebahn außer Kontrolle, überschlug sich und wurde zerstört. Bei dem Unfall betätigte der Kläger den Schleudersitz und zog sich hierdurch Stauchungen und Brüche der Wirbelsäule, des rechten Oberschenkelknochens und im linken Kniegelenk zu. Zudem erlitt er eine psychische Belastungsreaktion. Die Unfallfolgen führten zur Dienstunfähigkeit des Klägers sowie einer Minderung seiner Erwerbsfähigkeit um 70 vom Hundert. Daraufhin wurde der Soldat in den Ruhestand versetzt. Nach Zuerkennung einer einmaligen Unfallentschädigung setzte die zuständige Stelle der Bundeswehr die Versorgungsbezüge des Piloten im Mai 2012 endgültig fest, der hiergegen Widerspruch erhob. Er machte geltend, dass die Berechnung der Bezüge fehlerhaft sei, da es sich bei dem erlittenen Dienstunfall um einen sog. qualifizierten Dienstunfall gehandelt habe. Allerdings wies die Bundeswehr den Widerspruch des Soldaten zurück.

Die daraufhin erhobene Klage hatte Erfolg. Der Pilot, so die Koblenzer Richter, habe nach den versorgungsrechtlichen Regelungen Anspruch auf ein erhöhtes Unfallruhegehalt. Die Voraussetzungen hierfür lägen vor. Der Soldat habe sich nämlich einer Diensthandlung ausgesetzt, die mit einer besonderen Lebensgefahr verbunden gewesen sei. Zwar begründe allein die Durchführung von Nachtflügen und -landungen mit einem Tornado selbst bei widrigen Witterungsverhältnissen grundsätzlich für die Piloten keine derartige Gefährdungslage. Jedoch habe zum Zeitpunkt der Diensthandlung, der versuchten Landung des Tornados, eine besondere Situation vorgelegen. Der Unfalluntersuchungsausschuss der Bundeswehr habe festgestellt, dass die Landung des Kampfflugzeugs durch Schneematsch auf der Landebahn, schlechte Sichtverhältnisse sowie ständig drehende starke Winde erheblich erschwert gewesen sei. Zudem habe der Pilot aufgrund fehlerhafter Messergebnisse nicht den witterungsbedingt schlechten Zustand der Landebahn gekannt und sich damit nicht auf die schwierige Landung gebührend vorbereiten können. Der eingesetzte Anflug-Controller habe sich darüber hinaus beim Lotsen mehrfach versprochen und sich wiederholt korrigieren müssen. Fehleinschätzungen und Informationsdefizite, für die der Pilot keine Verantwortung trage, hätten dazu geführt, dass die Landung zugelassen und durchgeführt worden sei, obwohl die Landebahn in Cochem-Büchel zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Wetterverhältnisse nicht hätte benutzt werden dürfen. Der daraus resultierenden besonderen Lebensgefahr habe sich der Soldat bewusst ausgesetzt. Dies belegten die Aufzeichnungen aus dem Flugzeug. Auch wenn der Pilot auf das Gelingen der Landung vertraut und nicht die Umsicht verloren habe, sei ihm der Gedanke an einen möglichen Flugunfall und damit an eine akute Bedrohung seines Lebens präsent gewesen.

Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.

(Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 19. November 2013, 1 K 639/13.KO)

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