Keine Beteiligung des Vereins „Jüdische Gemeinde Speyer“ an der Landesförderung für jüdische Gemeinden

25.07.2014

Der Verein „Jüdische Gemeinde Speyer“ hat keinen Anspruch auf Beteiligung an den Landesleistungen für jüdische Gemeinden. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Die „Jüdische Gemeinde Speyer“ wurde 1996 gegründet und 1997 in das Vereinsregister eingetragen. Der Verein ist nicht Mitglied des beigeladenen Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz, lehnt eine Eingliederung in die Jüdische Kultusgemeinde Rheinpfalz ab und gehört nicht dem Zentralrat der Juden in Deutschland an. Der beigeladene Landesverband ist ein Zusammenschluss der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz. Er umfasst die jüdischen Kultusgemeinden Rheinpfalz, Mainz, Koblenz, Bad Kreuznach und Trier und ist Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland. Zwischen dem Landesverband und dem beklagten Land Rheinland-Pfalz bestand bis Juni 2012 ein Staatsvertrag, wonach die jüdischen Gemeinden mit 500.000,- DM, ab 2006 mit 275.700,- € jährlich bezuschusst wurden. Nach der Regelung des Vertrages erfolgte die Zahlung ausschließlich an den Landesverband, der die Zuschüsse seinerseits nach einem von ihm selbst festgelegten Schlüssel an die Gemeinden verteilte. Anträge des Vereins „Jüdische Gemeinde Speyer“ auf Beteiligung an diesen Zuschüssen lehnte der Landesverband ab.

In der Folgezeit machte der Verein Zahlungsansprüche unmittelbar gegenüber dem Land geltend. Ein entsprechender Eilantrag auf vorläufige monatliche Zahlungen blieb erfolglos. Daraufhin erhob er Klage mit dem Ziel, ihn an den Landesleistungen für jüdische Gemeinden zu beteiligen und ihm für die Jahre 2000 bis 2010 rund 450.000,00 € zu zahlen. Nach Inkrafttreten des neuen Staatsvertrages zwischen dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz und dem Land im Juni 2012 begehrte er mit einer weiteren Klage, das Land zu verpflichten, mit ihm einen vergleichbaren Vertrag abzuschließen. Das Verwaltungsgericht wies beide Klagen ab. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Die staatliche Förderung von jüdischen Gemeinden, die nicht Mitglied des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz seien, erfolge für den Zeitraum von 2000 bis 2010 nach dem bis Juni 2012 geltenden Vertrag zwischen dem beklagten Land und dem beigeladenen Landesverband. Der Kläger erfülle die Fördervoraussetzungen des Vertrages nicht, wonach jüdische Gemeinden, die nicht Mitglied des Landesverbandes sind, nur dann gefördert werden können, wenn – erstens – ihre Aufgaben sowie die Ausübung ihrer Tätigkeit den jüdischen Religionsgesetzen entsprechen und sie – zweitens – eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts beanspruchen können. Dabei könne die – vom Verwaltungsgericht verneinte – Frage offen bleiben, ob der Kläger eine „jüdische Gemeinde“ im Sinne dieser Regelung sei und seine Aufgaben sowie die Ausübung seiner Tätigkeit den jüdischen Religionsgesetzen entsprächen. Denn jedenfalls erfülle er die zweite Fördervoraussetzung der Körperschaftsfähigkeit nicht.

Diese Fördervoraussetzung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die durch den öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus begründeten Unterschiede zu den privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften seien vor dem Hintergrund der im Körperschaftsstatus zum Ausdruck kommenden besonderen Bedeutung dieser Religionsgemeinschaften für das öffentliche Leben sachlich begründet und verstießen nicht gegen den Gleichheitssatz.

Der Kläger besitze nicht bereits den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts, weil er sich nach seiner Satzung als Nachfolger der früheren Israelitischen Kultusgemeinde Speyer verstehe, die schon in der Weimarer Republik als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt gewesen sei. Der Kläger könne nicht der Nachfolger dieser altkorporierten Gemeinde sein. Im Zeitpunkt der Gründung des Klägers im Jahr 1996 sei bereits die Jüdische Kultusgemeinde Rheinpfalz kraft eines Landesgesetzes aus dem Jahr 1950 – und auch aufgrund gelebter Glaubenspraxis – seit fast einem halben Jahrhundert als Nachfolgerin der Israelitischen Kultusgemeinde Speyer vorhanden gewesen und diese in jener aufgegangen.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Verleihung des Körperschaftsstatus. Eine Neuerteilung des Körperschaftsstatus scheitere bereits daran, dass der Antrag des Klägers auf Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts im September 2010 bestandskräftig abgelehnt worden sei und keine wesentliche Veränderung der Tatsachengrundlage dargetan oder ersichtlich sei. Des Weiteren stehe der Anerkennung als Körperschaft entgegen, dass der Kläger als Verein, nachdem im Frühjahr 2014 seine Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung festgestellt sowie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden sei, zivilrechtlich aufgelöst und seine rechtliche Existenz auf seine Abwicklung und Liquidation beschränkt sei. Überdies lägen auch die sachlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht vor. Hierzu müssten Religionsgemeinschaften die Gewähr der Dauer bieten. Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung sei die hinreichende Finanzausstattung der Gemeinschaft ein gewichtiges Kriterium. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien Kirchen und ihre Organisationen, soweit sie als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt seien, nicht insolvenz- bzw. konkursfähig; bei jeder Entscheidung über die Anerkennung einer Religionsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts sei daher besonders sorgfältig zu prüfen, ob die betreffende Gemeinschaft in der Lage sei, ihren finanziellen Verpflichtungen auf Dauer nachzukommen. Nachdem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Insolvenzmasse rechtskräftig abgelehnt und festgestellt worden sei, dass der Kläger zahlungsunfähig und überschuldet sei, stehe fest, dass der Kläger bereits aufgrund der nicht vorhandenen Finanzausstattung nicht die notwendige Gewähr der Dauer biete. Die mit dem vorliegenden Verfahren begehrten öffentlichen Fördermittel könnten bei der Betrachtung der finanziellen Grundlagen des Klägers nicht mit einbezogen werden. Denn die Förderung diene nicht dem Zweck, die Bildung einer Jüdischen Gemeinde durch staatliche Zuwendungen erst zu ermöglichen, da dies dem Gebot der staatlichen Neutralität zuwider liefe.

Da der Kläger aus den genannten Gründen weder den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts besitze noch einen Anspruch auf dessen Verleihung habe, erfülle er auch nicht die Voraussetzungen für den von ihm begehrten Abschluss eines Staatsvertrages mit dem Land Rheinland-Pfalz zur staatlichen Förderung einer jüdischen Gemeinde.

Urteile vom 18. Juli 2014, Aktenzeichen: 6 A 10976/13.OVG, 6 A 11082/13.OVG