Luftreinhalteplan für die Stadt Köln muss überarbeitet werden

Das Oberverwaltungsgericht hat mit heute verkündetem Urteil entschieden, dass der Luftreinhalteplan vom 1. April 2019 für die Stadt Köln rechtswidrig ist und das Land Nordrhein-Westfalen ihn deshalb fortschreiben muss. Nach derzeitigem Stand müssen Fahrverbote für Diesel­fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5/V und älter in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden, um eine zügigere Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid jedenfalls an folgenden Messstellen zu erreichen: Clevischer Ring, Justinianstraße, Luxemburger Straße und Neu­markt. Welche konkreten Straßenabschnitte dafür gesperrt und welche Fahrzeuge von den Fahrverboten ausgenommen werden, muss die Bezirksregierung Köln prüfen und festlegen. Das Oberverwaltungsgericht hat damit das von der Deut­schen Umwelthilfe erstrittene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln insoweit bestätigt, als die bisherige Luftreinhalteplanung unzureichend ist. Es hat allerdings nicht entschieden, dass auf jeden Fall eine Fahrverbotszone eingerichtet werden muss; bloße streckenbezogene Fahrverbote könn­ten unter Umständen genügen. Die bereits in seinem Urteil zur Luftreinhalte­planung für die Stadt Aachen (siehe Pressemitteilung vom 31. Juli 2019) dargelegten allgemeinen Anforderungen an Luftreinhaltepläne hat das Oberverwaltungsgericht bestätigt.

An verschiedenen Messstellen in der Stadt Köln ist der seit dem 1. Januar 2010 ein­zuhaltende Grenzwert für Stickstoffdioxid (im Jahresmittel 40 Mikrogramm pro Ku­bikmeter) deutlich überschritten. Die Jahresmittelwerte für 2018 betragen an den Messstellen Clevischer Ring 59 Mikrogramm pro Kubikmeter, Justinianstraße 48 Mikrogramm pro Kubikmeter und Luxemburger Straße 45 Mikrogramm pro Kubikmeter; die Messstelle Neumarkt weist für das zweite Halb­jahr 2018 einen Mittelwert von 47 Mikrogramm pro Kubikmeter auf. Die zuständige Bezirksregierung hat einen Luftreinhalteplan mit Wirkung ab 1. April 2019 auf­gestellt, der verschiedene Maßnahmen enthält, um die Luftqualität in Köln zu verbes­sern. Fahrverbote hat sie nicht vorgesehen. Mit der zusätzlichen Anordnung von Fahrverboten könnte nach den Prognosen der Bezirksregierung Köln an allen vier vorgenannten Straßen im Jahr 2020 der Grenzwert hinreichend sicher eingehalten werden bzw. wäre mit 41 Mikrogramm pro Kubikmeter am Clevischen Ring nur noch knapp überschritten. Ohne Fahrverbote ist die Einhaltung des Grenzwerts hingegen nicht vor dem Jahr 2022 bzw. 2023 hinreichend sicher zu erwarten.

Zur Be­gründung hat der Vorsitzende des 8. Senats heute ausgeführt: Der Luftreinhalteplan für die Stadt Köln ist rechtswidrig, weil die darin vorgesehenen Maßnahmen nicht den Anforderungen der Europäischen Richt­linie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008 und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ge­nügen.

Nach den bisherigen Prognosen und Messwerten sind für die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Luxemburger Straße und Neumarkt keine anderen Maßnahmen als Fahrverbote für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5/V und älter ersichtlich, um den geltenden Grenzwert für Stickstoffdioxid zumindest im Jahr 2020 einzuhalten. Für die übrigen Messstellen in Köln erscheint es nach derzeitigem Sachstand und unter Berücksich­tigung der bisher vorliegenden Messwerte im Jahr 2019 nicht zwingend geboten, auch dort Fahrverbote anzuordnen. Dies gilt aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch für die Aachener Straße (Köln-Weiden), wo der Grenzwert nach derzeitiger Prognose 41 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahre 2020 nicht übersteigen wird, spätestens aber 2021 eingehalten werden wird.

Fahrverbote müssen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls verhält­nismäßig sein. In dem neuen Luftreinhalteplan muss das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Köln, unter Berücksichtigung der weiteren Ent­wicklung der Messwerte daher zunächst streckenbezogene Fahrverbote prüfen. Dabei müssen insbesondere der dadurch bedingte Aus­weichverkehr und dessen Auswirkungen näher untersucht werden. Sollten durch den Aus­weichverkehr Grenzwerte in anderen Straßen überschritten werden, kann dies Fahrverbote für weitere Straßen erforderlich machen. Die Bezirksregierung Köln muss auch prüfen, für welche Fahrzeuge Ausnahmen vom Fahrverbot er­teilt werden können, ohne die Einhaltung der Grenzwerte zu gefährden (z. B. Fahr­zeuge von Handwerkern oder Anwohnern oder nachgerüstete Fahrzeuge). Sollte allerdings aufgrund der bereits ergriffenen Maßnahmen der Jahresmittelwert für 2019 entgegen der bisherigen Prognose der Bezirksregierung an einzelnen Stellen günstiger ausfallen und eine aktualisierte Prognose ergeben, dass der Grenzwert kurzfristig eingehalten werden wird, kann dort gegebenenfalls aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch von einem Fahrverbot abgesehen werden.

Soweit die Bezirksregierung Köln jenseits der vier genannten Stra­ßen in einem neuen Luftreinhalteplan von Fahrverboten absieht, weil die Grenzwer­te nach ihrer Prognose kurzfristig eingehalten werden, muss sie schon im Luftreinhalteplan für den Fall vorsorgen, dass die Prognose sich nicht bewahrheitet. Als Ausgleich für die mit einer Prognose stets verbundenen Unsicherheiten muss der fortzuschreibende Luftreinhalteplan vorsehen, dass die Entwicklung der Luftschadstoffwerte regelmäßig kontrolliert wird. Ferner muss der Luftreinhalteplan auf einer zweiten Stufe zusätzliche Maßnahmen wie etwa Fahrver­bote an den davon noch nicht erfassten Stellen für den Fall enthalten, dass die Grenzwerte mit den bisherigen Maßnahmen entgegen der Prognoseerwartung doch nicht schnellstmöglich eingehalten werden.

Die Bezirksregierung Köln muss den Luftreinhalteplan 2019 unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, fortschreiben. Dies dauert erfahrungsgemäß mehrere Monate. Dabei wird sie die Vorgaben des Senats zu beachten und im Rahmen ihres Gestal­tungsspielraums die konkreten Einzelheiten festzulegen haben. Diese Einzelheiten hängen auch von der Entwicklung der Messwerte und einer hinreichend einzelfallbe­zogenen Prüfung der Verhältnismäßigkeit durch die Behörde ab.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.