Verwaltungsgericht weist Klagen und Eilanträge von Spielhallenunternehmen ab

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen hat heute mehrere Klagen von Spielhallenunternehmen zurückgewiesen und entsprechende Eilanträge abgelehnt (1 A 88/17 u.a.).

Hintergrund der Rechtsstreitigkeiten ist eine Verschärfung der Rechtslage für Spielhallen. im Jahr 2012, die bundesweit unter den Ländern abgestimmt ist (Glückspielstaatsvertrag). Ziel der Neuregelung ist es, das Angebot von Spielhallen an einem Ort zu begrenzen und so wirksamer als bisher die Spielsucht zu bekämpfen. Die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ist ausgeschlossen. Spielhallen müssen in Niedersachsen grundsätzlich einen Mindestabstand von 100 m einhalten. Spielhallen, denen bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht vorher auslief, durften bis zum 30. Juni 2017 ohne weitere Erlaubnis betrieben werden. Für die Zeit danach begehrten die Klägerinnen, die alle zum selben Unternehmensverbund gehören und in einem Göttinger Einkaufszentrum fünf „Verbundspielhallen“ betreiben, eine Fortführung ihrer Betriebe auch soweit sie nicht mehr als 100 m auseinander gelegen sind. Die beklagte Stadt Göttingen hat durch Los entschieden, welches Unternehmen bestehen bleiben darf und welches schließen muss. Den nicht ausgewählten Unternehmen hat sie eine weitere Erlaubnis nicht erteilt.

Hiergegen haben diese Unternehmen Klage erhoben und Eilanträge gestellt. Landesweit sind zahlreiche derartige Verfahren bei allen niedersächsischen Verwaltungsgerichten anhängig. Mit ihren Klagen und Eilanträgen wollen die Unternehmen ihren Betrieb über den 30. Juni 2017 hinaus sicherstellen. Sie berufen sich zum einen darauf, dass eine Entscheidung per Los rechtswidrig ist, weil sie Qualitätsaspekte nicht berücksichtigt. Sie berufen sich hilfsweise auf eine Härtefallregelung im Gesetz, die den Weiterbetrieb für eine angemessene Zeit erlauben würde. Insbesondere bliebe unbeachtet, dass sie im Vertrauen auf den Fortbestand ihrer Erlaubnisse Vermögensdispositionen getroffen habe.

Das Gericht wies diese Begehren heute ab.

Im Anschluss an einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 hielt es die neuen Glücksspielregelungen für verfassungsgemäß. Auch eine Entscheidung aufgrund eines Losverfahrens sei rechtmäßig. Andere Differenzierungskriterien seien bei Spielhallen, die zu einem Unternehmensverbund gehörten, nicht erkennbar. Die Unternehmen hätten dementsprechend auch identische Antragsunterlagen eingereicht. Bei einer solchen Ausgangslage müsste die Behörde keine Sachkriterien aus der Luft greifen, sondern könne die Unternehmen auffordern, Unterscheidungskriterien für eine Auswahl zu benennen. Dies habe die Behörde getan und keine Antwort erhalten.

Schließlich könnten sich die Klägerinnen nicht auf die gesetzliche Härtefallvorschrift berufen. Sie hätten nichts dazu beigetragen, eine unbillige, also verfassungswidrige Härte abzuwenden, die für sie aus dem Ende ihres Betriebsmodells ab dem 01.07.2017 folge. Die Unternehmen hätten namentlich die gesetzliche Übergangsfrist von fünf Jahren für den vom Gesetz geforderten Rückbau des Spielhallenverbunds auf eine einzige Spielhalle an dem Standort in Göttingen nicht genutzt, sondern die Spielhallen uneingeschränkt weiterbetrieben. Sie könnten sich auch nicht darauf berufen, dass das Bundesverfassungsgericht erst im März 2017 über Verfassungsbeschwerden von Spielhallenbetreibern aus anderen Ländern gegen die Neuregelungen entschieden habe. Sie hätten sich gleichwohl innerhalb der seit dem Inkrafttreten der Neuregelungen Mitte 2012 auf den Rückbau der Spielhallen einstellen müssen. Allein wegen einer anhängigen Verfassungsbeschwerde sei ein Gesetz nicht „schwebend unwirksam“. Die Bemühungen um die Entwicklung von neuen Geschäftsfeldern wie Sonnenstudios, Bowlingbahnen oder Lasertec-Stadien seien ebenfalls rechtlich unbeachtlich. Ziel dieser Bemühungen sei es, die bestehenden Flächen wirtschaftlich ertragreich weiter zu nutzen. Dass diese Bemühungen keine angemessenen Früchte getragen hätten, sei rechtlich unbeachtlich. Denn ihr Ziel sei es nicht, die Vorgaben des Gesetzes umzusetzen, sondern andere Wirtschaftszweige zu erschließen. Weil die Unternehmen die Übergangsfrist nicht genutzt hätten, könnten sie aus den wirtschaftlichen Nachteilen, die sie nun träfen, keine rechtlichen Vorteile ziehen.

Gegen die Urteile können die Klägerinnen Anträge auf Zulassung der Berufung gegen die Beschlüsse in den Eilverfahren können sie Beschwerde zum Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einlegen.