Befristung eines abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots bei Berufsausbildung während des asylgerichtlichen Verfahrens

Bei der Bemessung der Dauer eines abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots ist (erst) der erfolgreiche Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung im Bundesgebiet durch den Ausländer während des asylgerichtlichen Verfahrens fristverkürzend zu berücksichtigen, nicht schon deren Aufnahme. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Die Kläger wenden sich nach Ablehnung ihres Asylantrages nur noch gegen die Befristung des jeweils unter der aufschiebenden Bedingung ihrer Abschiebung ergangenen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Während des asylgerichtlichen Verfahrens haben sie eine qualifizierte Berufsausbildung aufgenommen, die bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht abgeschlossen war. Das Verwaltungsgericht hat die Einreise- und Aufenthaltsverbote aufgehoben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Aufhebung bestätigt. In die Ermessensentscheidung über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots seien grundsätzlich auch besondere Integrationsleistungen des Ausländers einzubeziehen, wie z.B. eine im Inland begonnene oder abgeschlossene Ausbildung und gute Sprachkenntnisse.

Auf die Revisionen der beklagten Bundesrepublik Deutschland hat der 1. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts die Klagen auch gegen die Einreise- und Aufenthaltsverbote abgewiesen. Die Entscheidung über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots steht gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, hier des Bundesamts. Dieses hat bei der Bestimmung der Geltungsdauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots einerseits dessen auf die Durchsetzung des Vorrangs der freiwilligen Ausreise vor der Abschiebung zielendes Gewicht und andererseits ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen an einer Perspektive für eine Rückkehr in das Bundesgebiet angemessen auszugleichen. Trägt der Ausländer keine ihm günstigen Umstände vor, die geeignet sind, das Gewicht seines Rückkehrinteresses schutzwürdig zu verstärken, und sind solche für die zuständige Behörde auch nicht anderweitig erkennbar, so begegnet es in einer Situation, in der auch keine das gefahrenabwehrrechtlich geprägte öffentliche Fernhalteinteresse erhöhende Besonderheiten ersichtlich sind, keinen Bedenken, das abschiebungsbedingte Einreise- und Aufenthaltsverbot regelmäßig auf die Dauer von 30 Monaten zu befristen.

Derartige Besonderheiten sind nicht schon dann gegeben, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung begonnen, aber noch nicht abgeschlossen und die dafür erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache im Bundesgebiet erworben hat. Erst der erfolgreiche Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung im Bundesgebiet vermittelt dem Ausländer eine aufenthaltsrechtlich beachtliche Rückkehrperspektive, welche es angezeigt erscheinen lässt, vorbehaltlich etwaiger Besonderheiten des Einzelfalles die auf 30 Monate bestimmte Dauer um regelmäßig die Hälfte zu verkürzen. Wird die qualifizierte Berufsausbildung erst nach dem für die Beurteilung der Sachlage im asylgerichtlichen Verfahren maßgeblichen Zeitpunkt (§ 83c i.V.m. § 77 Abs. 1 AsylG und § 75 Nr. 12 AufenthG) abgeschlossen, ist der Ausländer darauf verwiesen, nach Maßgabe des § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG die Verkürzung der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots bei der dann zuständigen Ausländerbehörde zu beantragen. Soweit die Voraussetzungen für eine Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG) erfüllt (gewesen) sein mögen, ist dies allein bei deren Erteilung zu berücksichtigen, die bereits das Entstehen des Einreise- und Aufenthaltsverbots verhindert, nicht (auch) bei der Befristungsentscheidung.