Gebührenbescheide dürfen durch Wasser- und Abwasser-Zweckverbände nicht durch vertragliche Vereinbarung auf privatrechtlich organisierte Gesellschaften mit beschränkter Haftung übertragen werden

VerwaltungsrechtFachgebiet Verwaltungsrecht | Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts

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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat im Urteil vom 23. August 2011 Entscheidungen des Thüringer Oberverwaltungsgerichts bestätigt, dass ein Wasser- und Abwasser-Zweckverband den Erlass von Gebührenbescheiden nicht durch vertragliche Vereinbarung auf eine privatrechtlich organisierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung übertragen darf.

Kein Erlass von Gebührenbescheiden durch GmbH als Geschäftsbesorger

Die Kläger wurden mit Bescheiden unter dem Briefkopf des beklagten Zweckverbands zur Zahlung von Wasser- und Abwassergebühren herangezogen. Der Zweckverband, der zu diesem Zeitpunkt über kein eigenes Personal verfügte, hatte die Berechnung der Wasser- und Abwassergebühren sowie die Erstellung und Versendung der Bescheide einer privaten GmbH im Wege eines Geschäftsbesorgungsvertrags übertragen. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht haben diese Art der Aufgabenerledigung beanstandet und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Veranlagung zu Wasser- und Abwassergebühren einschließlich der Prüfung der Voraussetzungen der Gebührentatbestände falle nach dem Thüringer Landesrecht in die hoheitliche Entscheidungskompetenz des Zweckverbands.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidungen bestätigt. Die Annahme der Vorinstanzen, es lägen zwar formal Abgabenbescheide vor, diese seien jedoch rechtswidrig, weil sie inhaltlich nicht von dem zuständigen Hoheitsträger verantwortet seien, verstoße nicht gegen Bundesrecht. Sie lasse keine sachfremden Erwägungen erkennen und könne das Recht auf kommunale Selbstverwaltung schon deswegen nicht verletzen, weil der Zweckverband nicht der Selbstverwaltungsgarantie des Grundgesetzes unterfalle. Da die Länder die Möglichkeit hätten, durch Gesetz die Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Widerspruchsbehörde einzuschränken, sei es auch nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen die Widerspruchsbehörde nicht für ermächtigt gehalten hätten, anstelle des Zweckverbands erstmals eine inhaltliche Regelung zu treffen.

BVerwG 9 C 2.11, 3.11 und 4.11 – Urteile vom 23. August 2011