Keine Versammlung zum Thema Straßenbahn in Gießen am 1. April 2020

Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit einem soeben den Beteiligten bekannt gegebenen Beschluss einen Eilantrag abgelehnt, mit dem der Veranstalter einen Aufzug mit Kundgebung für morgen 12:00 Uhr bis 20:00 Uhr mit dem Versammlungsthema ,,Demonstration und Aktion für eine Straßenbahn auf der Grünberger Straße mit Anschluss an Bahnstrecken in der Umgebung“ durchführen wollte. Die Oberbürgermeisterin der Stadt Gießen hatte diese Versammlung mit Bescheid vom 30. März 2020 verboten und die sofortige Vollziehung angeordnet.

Gestützt war das Verbot auf das Versammlungsgesetz und die Hessische Dritte Verordnung zur Bekämpfung des Coronavirus in der aktuellen Fassung. Die Behörde ging davon aus, bei der Durchführung des Aufzugs bestünde eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Verstoß gegen diese Verordnung.

Heute Vormittag hatte der Antragsteller dagegen einen Eilantrag gestellt und unter anderem eingewandt, die Dritte Corona-Verordnung selbst entbehre einer Rechtsgrundlage. Das hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen nun anders gesehen. Die Dritte Corona-Verordnung stütze sich auf das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen – Infektionsschutzgesetz – in der aktuellen Fassung. Die durch die Verordnung vorgesehenen verbindlichen Einschränkungen der Grundrechte der Betroffenen seien angesichts der infektionsrechtlichen Bedrohungslage gerechtfertigt. Das Infektionsschutzgesetz schränke ausdrücklich auch die Versammlungsfreiheit ein.

Mit der Durchführung des angemeldeten Aufzugs ginge ein Verstoß gegen die Dritte Corona-Verordnung einher, wonach der Kontakt zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstandes auf das absolut nötige Minimum zu reduzieren sei. Aufenthalte im öffentlichen Raum seien nur alleine, mit einer weiteren nicht im eigenen Haushalt lebenden Person oder im Kreise der Angehörigen des eigenen Hausstandes gestattet.
Die Behörde habe die derzeit vorhandenen medizinischen und epidemiologischen Erkenntnisse berücksichtigt. In Anbetracht der gesundheitlichen Gefährdung einer Vielzahl von Menschen erschienen die Beschränkungen der Versammlungsfreiheit für einen vorübergehenden Zeitraum angemessen. Die grundrechtlich geschützten Interessen des Antragstellers müssten hier hinter dem Recht auf körperliche Unversehrtheit der Allgemeinheit zurückzustehen.

Entgegen der Ansicht des Veranstalters könne er sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass mit den von ihm benannten Maßnahmen während des Aufzugs, große Abstände von mindestens 10 Metern zwischen den Teilnehmern einzuhalten, sowie einer möglichen Beschränkung der Teilnehmeranzahl auf ca. 30 Personen, dem Infektionsschutz hinreichend Rechnung getragen werde. Denn es liege nicht in seinem Einflussbereich, wie viele Teilnehmer tatsächlich zu dem von ihm angemeldeten Aufzug mit Kundgebung kämen. Auch könne er nicht hinreichend gewährleisten, dass die Teilnehmer die von ihm angedachten Maßnahmen tatsächlich umsetzen.

Der Beschluss (vom 31. März 2020, 4 L 1332/20.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.