Verfassungsschutz muss gespeicherte Daten nicht löschen

Die Klägerin begehrte vom Hessischen Landesamt für Verfassungsschutz die Löschung der über sie gespeicherten Daten sowie die Einstellung ihrer Beobachtung. Nachdem das Hessische Landesamt für Verfassungsschutz einen entsprechenden Antrag der Klägerin abgelehnt hatte, hat die Klägerin am 27.05.2013 hiergegen Klage erhoben.

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Kassel hat mit Urteil vom 19.09.2017 die Klage abgewiesen.
Nach Ansicht der Kammer ist die Klage teilweise unzulässig, teilweise unbegründet. Im Wesentlichen hat die Kammer folgendes zur Begründung ausgeführt:

Die Behandlung eines Löschungsbegehrens, das 1 wie das der Klägerin 1 die Löschung personenbezogener Daten zum Gegenstand habe, richte sich nach den einschlägigen Vorschriften des Hessischen Datenschutzgesetzes (HDSG). Gem. § 19 Abs. 3 HDSG seien personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sobald feststehe, dass ihre Speicherung nicht mehr erforderlich sei, um die Zwecke zu erfüllen, für die sie erhoben worden seien oder für die sie nach § 13 Abs. 2 und 4 dieses Gesetzes weiterverarbeitet werden dürften. Nach § 19 Abs. 4 HDSG seien personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Verarbeitung unzulässig sei. Die (weitere) Verarbeitung personenbezogener Daten sei unzulässig, wenn sie nicht durch eine Rechtsvorschrift erlaubt oder angeordnet sei. Die entsprechende Befugnis des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz ergebe sich aus § 2 Verfassungsschutzgesetz (VerfSchG), wonach es dessen Aufgabe sei, den zuständigen Stellen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu treffen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben beobachte das Landesamt für Verfassungsschutz verfassungsfeindliche Bestrebungen und sammele zu diesem Zweck Informationen und werte sie aus. Das dem Landesamt für Verfassungsschutz eingeräumte Recht, personenbezogene Daten über Bestrebungen und Tätigkeiten in seinen Datenregistern zu erfassen und zu speichern, bestehe indes nicht uneingeschränkt. Erforderlich sei vielmehr, dass im Einzelfall objektive Anhaltspunkte vorlägen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Entfaltung verfassungsfeindlicher Aktivitäten durch den Betroffenen hindeuteten.

Dies sei hier aufgrund einer hinreichend dokumentierten Einbindung der Klägerin in linksextremistische Kreise und der Betätigung innerhalb dieser Szene der Fall, wobei es unerheblich sei, ob und inwieweit sich die Klägerin mit den Zielen der jeweiligen Veranstalter identifiziere oder ob sie die Veranstaltungen lediglich als Plattform habe nutzen wollen. Hierbei sei beispielhaft eine Demonstration am 28.01.2012 in Frankfurt am Main unter dem Motto „Staatliche Unterstützung für Nazis beenden 1 Verfassungsschutz auflösen“ zu nennen, zu der unter anderem 12 linksextremistische bzw. linksextremistisch beeinflusste Organisationen aufgerufen hätten. Diese Organisationen habe die Klägerin durch das Halten ihrer Rede zum Thema „40 Jahre Berufsverbote in der BRD“ nachhaltig unterstützt. Die Speicherung der Daten, die von Anfang an rechtmäßig gewesen sei, sei auch weiterhin erforderlich. Dies belegten die zahlreichen von dem Hessischen Landesamt für Verfassungsschutz aufgeführten weiteren Aktivitäten der Klägerin. Eine Zäsur in den Aktivitäten der Klägerin lasse sich nicht feststellen.

Soweit die Klägerin die Verpflichtung des beklagten Landes Hessen zur Einstellung ihrer Beobachtung durch das Hessische Landesamt für Verfassungsschutz begehre, sei die Klage unzulässig. Die Klägerin habe insoweit ihre Klage in der mündlichen Verhandlung geändert. Diese Klageänderung sei nicht zulässig, weil der Beklagte nicht eingewilligt habe und das Gericht sie aus prozessökonomischen Gründen nicht für sachdienlich halte.

Gegen dieses Urteil kann die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Hessische Verwaltungsgerichtshof.
Aktenzeichen: 4 K 641/13.KS.