Verwaltungsgericht Münster: Sonntagsöffnung zur Coesfelder Automeile auch nach neuem Ladenöffnungsgesetz nur im Innenstadtbereich zulässig

Das Verwaltungsgericht Münster hat durch einstweilige Anordnung vom heutigen Tag festgestellt, dass die Verkaufsstellen in Coesfeld am 6. Mai 2018 nicht im gesamten Stadtgebiet, sondern nur im Innenstadtzentrum geöffnet sein dürfen.

Am 17. April 2018 hatte der Rat der Stadt Coesfeld beschlossen, durch ordnungsbehördliche Verordnung den Einzelhändlern am Sonntag, dem 6. Mai 2018, die Möglichkeit zu bieten, im Rahmen der „Automeile“ ihre Geschäfte im gesamten Gebiet von Coesfeld (mit Ausnahme des Ortsteils Lette) zu öffnen. Zur Begründung hatte der Rat unter anderem angegeben: Der nordrhein-westfälische Landtag habe am 21. März 2018 eine Änderung des Ladenöffnungsgesetzes beschlossen, wonach die Ladenöffnung an Sonntagen nicht mehr ausschließlich an einen besonderen Anlass gebunden sei, sondern an ein öffentliches Interesse. Dieses liege hier vor. Im zunehmenden Wettbewerb mit dem Onlinehandel sei der stationäre Einzelhandel im Mittelzentrum Coesfeld auf positive, unterstützende Effekte dringend angewiesen, um sich gegenüber den allzeit verfügbaren Onlinediensten durchsetzen zu können. Gerade verkaufsoffene Sonntage böten die Möglichkeit, auf die Vorteile des stationären Einzelhandels hinzuweisen. Diese besondere Präsentationsmöglichkeit liege auch im kommunalen Interesse, einen Abbau von Arbeitsplätzen entgegenzuwirken bzw. vorbeugend und stabilisierend auf die Einzelhandelsstrukturen einzuwirken. Zudem werde mit der Möglichkeit der Ladenöffnung im gesamten Stadtgebiet die Kooperationsbereitschaft der Einzelhändler untereinander gestärkt.

Hiergegen wandte sich die Gewerkschaft ver.di im Wege eines Gesuchs um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz an das Verwaltungsgericht Münster, das dem Antrag nunmehr stattgab.

Zur Begründung des Beschlusses führte das Gericht unter anderem aus: Auch mit der Neuregelung des nordrhein-westfälischen Ladenöffnungsgesetzes obliege es weiterhin den zuständigen örtlichen Ordnungsbehörden, eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen, in die die jeweils betroffenen Interessen und Rechtsgüter einzubeziehen seien. Danach bemesse sich, in welchem Umfang die potentiellen Sachgründe die verfassungsrechtliche Regel der sonn- und feiertäglichen Arbeitsruhe zurückzudrängen in der Lage seien. Nach diesen Maßstäben sei festzustellen, dass der hier streitgegenständliche Teil der Verordnung zur Freigabe von verkaufsoffenen Sonntagen auf dem Gebiet der Stadt Coesfeld vom 17. April 2018 offensichtlich rechtswidrig und damit nichtig sei. Die Einschätzung des Rates der Antragsgegnerin, die Öffnung der Verkaufsstellen im gesamten Stadtgebiet (mit Ausnahme des Ortsteils Lette) am 6. Mai 2018 sei aus Sachgründen gerechtfertigt, die dem verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutz gerecht würden, halte einer gerichtlichen Prüfung erkennbar nicht Stand. Die Ladenöffnung im gesamten Stadtgebiet weise gerade in räumlicher Hinsicht offenkundig keinen hinreichenden Bezug zur „Coesfelder Automeile“ auf, die am 6. Mai 2018 im Innenstadtzentrum stattfinde. Die Ladenöffnung im gesamten Stadtgebiet sei offensichtlich auch nicht zum Erhalt, zur Stärkung oder zu Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots gerechtfertigt. Die Annahme einer wettbewerbsverzerrenden Ungleichbehandlung des stationären Einzelhandels gegenüber dem Onlinehandel scheide schon deshalb aus, weil sich dessen Rahmenbedingungen grundlegend anderes darstellten. Die allgemeine, für den stationären Einzelhandel einer jeden Kommune ganzjährig bestehende Konkurrenzsituation zum Onlinehandel sei für sich genommen nicht geeignet, eine Ausnahme von der Regel der Sonn- und Feiertagsruhe zu begründen. Insoweit gehe es um das bloße Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber. Zudem habe die Antragsgegnerin keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des stationären Einzelhandels geliefert. Dass die Steigerung der Einzelhandelsattraktivität einer Gemeinde als verfassungsrechtlich hinreichender Sachgrund für die Sonntagsöffnung nicht in Betracht komme, sei in der Rechtsprechung geklärt.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

Der Beschluss wird in Kürze in der Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de veröffentlicht.