Grundschulbetreuerin darf Wahlmandat im Gemeinderat nicht wahrnehmen

15.07.2014

Eine Grundschulbetreuerin, die bei der Kommunalwahl im Mai 2014 sowohl in den Gemeinderat ihrer Ortsgemeinde als auch in den Verbandsgemeinderat gewählt worden ist, ist zu Recht vom Bürgermeister der Verbandsgemeinde in seiner Eigenschaft als Wahlleiter von der Wahrnehmung des Mandats für beide Räte ausgeschlossen worden. Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt a.d. Weinstraße mit Beschluss vom 7. Juli 2014 in einem Eilverfahren entschieden.

Die Antragstellerin ist seit 2004 aufgrund des mit der Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach geschlossenen Arbeitsvertrages als Angestellte in der Grundschulbetreuung einer in der Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach gelegenen Grundschule tätig. Ihre Aufgabe ist die Betreuung von Grundschulkindern vor und nach dem regulären Schulunterricht. Am 25. Mai 2004 wurde sie bei den Kommunalwahlen sowohl in den Gemeinderat ihrer Ortsgemeinde als auch in den Verbandsgemeinderat der Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach gewählt. Nachdem sie zunächst die Einladung zur konstituierenden Sitzung des Gemeinderats für den 25. Juni 2014 erhalten hatte, schloss sie der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach mit Schreiben vom 20. Juni 2014 von der Wahrnehmung des Mandats für beide Räte mit der Begründung aus, sie könne wegen ihrer Tätigkeit als Betreuerin im Rahmen der betreuenden Grundschule das jeweilige Mandat nicht ausüben. Denn sie verrichte nicht überwiegend körperliche Arbeit; nur dann wäre sie nach dem Kommunalwahlgesetz von Rheinland-Pfalz – KWG – an der Mandatsausübung nicht gehindert.

Die Antragstellerin hat dagegen Ende Juni 2014 um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht und vorgetragen, ihre Tätigkeit schließe jedwede Interessenkollision mit den Aufgaben als Ratsmitglied im Verbands- und Ortsgemeinderat aus. Hinsichtlich ihrer Tätigkeit in der Schule unterliege sie den Weisungen des Schulleiters.

Die 3. Kammer des Gerichts hat den Eilantrag mit Beschluss vom 7. Juli 2014 abgelehnt. Zur Begründung führten die Richter aus:

Dem Begehren der Antragstellerin, im Wege der einstweiligen Anordnung als Mitglied des Orts- und Verbandsgemeinderats verpflichtet zu werden, stehe die Vorschrift des § 5 Absatz 1 KWG entgegen. Danach dürfe, wer zum Mitglied des Gemeinderats gewählt sei und die Wahl angenommen habe, nicht gleichzeitig hauptamtlich tätig sein als Beamter oder Beschäftigter der Gemeinde oder der Verbandsgemeinde, soweit er nicht überwiegend körperliche Arbeit verrichte. Werde jemand, der eines der bezeichneten Ämter innehabe, zum Mitglied eines Gemeinderats gewählt, so könne er die Wahl nur annehmen, wenn er gleichzeitig nachweise, dass sein aktives Dienstverhältnis beendet sei oder dass er von seinem Dienstverhältnis ohne Bezüge beurlaubt sei.

Die Ermächtigung zur Beschränkung der Wählbarkeit folge unmittelbar aus dem Grundgesetz – GG –. Der maßgebende Artikel 137 GG wolle die organisatorische Gewaltenteilung gegen Gefahren sichern, die durch eine Personalunion zwischen einem Exekutivamt und einem Abgeordnetenmandat entstehen könnten. Insbesondere sollten Mitarbeiter nicht derjenigen Vertretungskörperschaft angehören, der eine Kontrolle über ihre Behörde obliege. Das gelte auch für Kommunalbeamte und -beschäftigte und den Rat der Gemeinde. Es lasse sich mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung nicht ohne weiteres vereinbaren, wenn dieselbe Person Gemeindebediensteter sei und zugleich dem Rat der Gemeinde angehöre. Dem Rechnung tragend beschränke § 5 Absatz 1 KWG zwar nicht die Wählbarkeit, mache aber die Annahme der Wahl vom Nachweis der Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses abhängig.

Die Feststellung, ob und inwieweit Interessenkonflikte zu befürchten seien und zur Vermeidung von Störungen der Exekutiv- und Legislativfunktionen eine generelle Inkompatibilitätsregelung erforderten, sei in erster Linie Sache des Gesetzgebers. Auf die weniger effizienten Befangenheitsregelungen müsse sich dieser nicht beschränken, zumal der Einfluss des im Einzelfall ausgeschlossenen Ratsmitgliedes angesichts der besonderen, im Regelfall sehr überschaubaren und durch persönliche Beziehungen stärker geprägten kommunalen Verhältnisse bestehen bleibe und sich auf indirektem Wege letztlich doch Geltung verschaffen könne.

Die Regelung des § 5 Absatz 1 KWG begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil sie – ohne Berücksichtigung der konkret ausgeübten Funktion – Beschäftigte ausnehme, die überwiegend körperliche Arbeit verrichteten. Die Einbeziehung der überwiegend körperliche Arbeit verrichtenden Personengruppe sei vom Verfassungsgeber in Artikel 137 Absatz 1 GG ausdrücklich nicht vorgesehen worden, obwohl sich auch insoweit Fallgestaltungen ergeben könnten, die an sich eine Beschränkung der Wählbarkeit als sachgerecht ausweisen würden. Das Bundesverfassungsgericht habe aber hierin keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz und die Berufsfreiheit gesehen.

Die Antragstellerin gehöre zu dem in § 5 Absatz 1 KWG genannten Personenkreis. Sie sei seit Mai 2004 in der Grundschulbetreuung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,17 Stunden tätig. Bei den Aufgaben, die die Antragstellerin im Rahmen ihrer Betreuungstätigkeit an der Grundschule wahrnehme, handele es sich um überwiegend geistige und überwachende, nicht aber um überwiegend körperliche Arbeit. Die Antragstellerin betreue außerhalb des Unterrichts – vor und nach dem regulären Schulunterricht – Kinder, wobei das Betreuungsangebot von ihr thematisch bestimmt werde. Spielen (z. B. Kartenspiel), Basteln und Sport (z. B. Ballspielen, Balancieren auf einem Schwebebalken) seien hierbei Schwerpunkte des Betreuungsangebots. Die Charakterisierung der Aktivitäten zeige, dass die Antragstellerin Betreuungsstunden geistig vorbereiten müsse. Arbeitsinhalt der Tätigkeit der Antragstellerin seien ferner vor- und nachbereitende Maßnahmen für die Beschäftigung der Kinder. Zwar erfordere die Kinderbetreuung auch körperlichen Einsatz der Antragstellerin. Dieser mache jedoch nicht die überwiegende Tätigkeit der Antragstellerin aus.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.

Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 7. Juli 2014 – 3 L 580/14.NW –