Kein vorläufiger Stopp für Hessische Schalenwildrichtlinie

Mit Beschluss vom 20. November 2019 hat die für das Jagdrecht zuständige 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main den Eilantrag einer Hegegemeinschaft gegen eine Abschussfestsetzung der oberen Jagdbehörde für das Jagdjahr 2019/2020 abgelehnt.

In den Hessischen Wäldern sind seit Jahren erhebliche Schäl- und Verbissschäden festzustellen, die auf überhöhte, den Lebensräumen nicht mehr angepasste Schalenwildbestände zurückzuführen sind. Das Hessische Umweltministerium erließ im Januar 2019 die Richtlinie für die Hege und Bejagung des Schalenwildes in Hessen.

Hiernach ist Ziel der Hege und Bejagung des Schalenwildes die Erhaltung gesunder, altersklassenmäßig ausgewogener und insbesondere den Möglichkeiten und Grenzen des Naturraumes angepasster Wildbestände. Die Richtlinie enthält dafür bestimmte Abschussquoten für Rot-, Dam-, Muffel- und Skiawild, gegliedert nach Geschlecht und Altersstufe.

Die Antragstellerin ist eine Hegegemeinschaft, deren Gebiet eine bejagbare Fläche von 44.872 ha beträgt. Die hierunter fallenden Waldbereiche werden u.a. durch das beigeladene Forstamt betreut. Für das Jagdjahr 2019/2020 erarbeitete die Antragstellerin auf der Grundlage ihrer eigenen Richtlinien einen Vorschlag zur Abschussplanung für das Rotwildgebiet Hessischer Spessart. In ihrer Mitgliederversammlung konnte hierüber kein Einvernehmen erzielt werden. Die Sache wurde daher an den Antragsgegner – dem Regierungspräsidium als obere Jagdbehörde – abgegeben. Dieser erließ gegenüber dem Forstamt als Jagdausübungsberechtigtem eine Abschussfestsetzung für das Jagdjahr 2019/2020 mit einem Gesamtabschuss von 542 Stück Rotwild.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Eilantrag gegen die gegenüber dem Forstamt ergangene Abschussplanfestsetzung. Sie ist der Auffassung, die der Festsetzung zugrundeliegende Schalenwildrichtlinie sei nichtig, da in allein ihr als Hegegemeinschaft obliegende Aufgaben und Befugnisse eingegriffen würde. Die Abschussplanung selbst verstoße gegen grundlegende wildbiologische Erkenntnisse. Es würden keine Schäl- und Verbissschäden vorliegen, die einer ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung der Waldflächen widersprechen würden.

Die 10. Kammer lehnte den Eilantrag ab. Es sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die Anordnung des Abschusses von 542 Stück Rotwild nach den Maßgaben der Schalenwildrichtlinie rechtswidrig sei. In die Aufgaben und Kompetenzen der Antragstellerin sei durch die obere Jagdbehörde nicht eingegriffen worden. Auch seien ihre Mitwirkungsrechte gewahrt. Vielmehr habe sich die Mitgliederversammlung der Antragstellerin nicht auf den Abschussplan ihres Vorsitzenden verständigen können, der der unteren Jagdbehörde hätte zugeleitet werden können. Stehe nicht einmal die Stimmenmehrheit in ihrer eigenen Organisation hinter dem Vorschlag, könne der Antragsgegner auch nicht gerichtlich zu dessen Festsetzung verpflichtet werden. Die Kammer betont, dass ein Abschussvorschlag der Antragstellerin ohnehin nicht mehr als eine Arbeitsgrundlage darstelle, die die Jagdbehörde nicht binde. Daraus folge auch, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Anwendung ihrer eigenen Bejagungsrichtlinien habe.

Weiterhin führt die Kammer aus, dass die Vorgaben des Bundejagdgesetzes und des Hessischen Jagdgesetzes eingehalten seien. Hiernach sollen Abschussregelungen in erster Linie dem Schutz des Waldes und der Forstwirtschaft vor Wildschäden dienen.

Neben diese waldwirtschaftliche Nutzfunktion trete gleichrangig die Bedeutung des Waldes für die Umwelt und die Erholung des Menschen. Demgegenüber sei das Interesse der Jagdausübungsberechtigten an der Erhaltung eines gleichbleibend hohen Wildbestandes von geringerem Gewicht. Der Antragsgegner habe eine übermäßige Schälbelastung im Rotwildgebiet Hessischer Spessart durch die Vorlage forstrechtlicher Gutachten plausibel dargelegt. Daher hat die Kammer auch keine Zweifel daran, dass eine die Vegetation spürbar entlastende Reduzierung des Rotwildbestands anzustreben ist. Angesichts der unbestritten steigenden Rotwildpopulation, mit der das Lebensraumangebot nicht Schritt halte, sei daher bei einem Abschussplan gemäß der Schalenwildrichtlinie auch kein Zusammenbruch dieser Population zu befürchten.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.