Versammlung in Pforzheim: Beschwerde der Stadt bleibt ohne Erfolg

Mit soeben den Beteiligten zugestelltem Beschluss hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe bestätigt, mit dem dieses dem Eilantrag gegen ein gestern von der Stadt Pforzheim verfügtes Verbot einer für morgen geplanten Mahnwache auf dem Aussichtsplateau auf dem Wartberg in Pforzheim stattgegeben hat. Die Beschwerde der Stadt Pforzheim gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe wies der VGH zurück.

Der Veranstalter, ein eingetragener Verein, meldete für den 23.02.2020 eine Mahnwache an, mit der an die Opfer des Luftangriffs auf Pforzheim am 23.02.1945 erinnert werden soll. Mit Schreiben vom 10.02.2020 teilte die Stadt Pforzheim dem Veranstalter mit, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass von dieser Versammlung Gefährdungen ausgingen. Mit Bescheid vom 21.02.2020 verbot die Stadt Pforzheim die Mahnwache. Sie führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der Veranstalter werde als rechtsextremistisch eingestuft. Die allgemeine Gefährdungslage in der Bundesrepublik Deutschland habe sich aufgrund schwerer fremdenfeindlicher Taten – der Tötung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019 und der Ereignisse am 09.10.2019 in Halle und am 19.02.2020 in Hanau – geändert.

Das Verwaltungsgericht gab dem hiergegen gerichteten Eilantrag des Veranstalters statt, da es an Darlegungen der Stadt, dass eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit drohe, praktisch vollständig fehle. Auch für eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch besonders provokative oder aggressive Begleitumstände der Versammlung sei von der Stadt nichts dargelegt (vgl. Pressemitteilung des VG Karlsruhe von heute).

Die Beschwerde der Stadt zum VGH blieb ohne Erfolg. Es fehle weiterhin an der Darlegung konkreter Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Ebenso wenig sei dargelegt oder sonst erkennbar, dass etwaige Gefahren – unbeschadet des Umstandes, dass sie bereits nicht konkret dargelegt seien – gerade von der angemeldeten Versammlung als verantwortlichem Störer ausgingen oder dass die Gefahren von Dritten ausgingen, gegen diese aber nicht vorgegangen werden könne und daher ein Vorgehen gegen die angemeldete Versammlung als Nichtstörer – was nur unter engen Voraussetzungen zulässig sei – allein geeignet sei, der behaupteten Gefahrenlage zu begegnen. Eine Verantwortlichkeit der angemeldeten Versammlung als Störer, von dem Gefahren ausgingen, oder eine ausnahmweise Zulässigkeit des Vorgehens gegen die angemeldete Versammlung als Nichtstörer behaupte die Beschwerde auch nicht ansatzweise.

Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ergebe sich auch nicht aus dem Vorbringen, dass der 23. Februar in Pforzheim ein emotionaler und konfliktträchtiger Gedenktag sei und daher die Gefahr bestehe, dass genau dieser Jahrestag genutzt werde, um in Pforzheim ein Zeichen der Gewalt zu setzen. Diese Ausführungen der Beschwerde gingen nicht über bloße Vermutungen hinaus.

Ebenso zutreffend habe das Verwaltungsgericht eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung verneint. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne eine Versammlung, die unter der Strafbarkeitsschwelle liege, nur dann eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen, wenn besondere, beispielsweise provokative oder aggressive Begleitumstände hinzuträten, die einen Einschüchterungseffekt sowie ein Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft erzeugten. Dass der Antragsteller Fackeln als typische Symbole der Darstellung nationalsozialistischer Machtausübung in aggressiv-kämpferischer Weise einsetzen werde, behaupte die Beschwerde bereits nicht.

Der Beschluss vom 22.02.2020 ist unanfechtbar (1 S 560/20).