„Wetten aufs Wetter“ kein öffentliches Glücksspiel

09.07.2014

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die von einem Möbel- und Einrichtungshaus geplante Werbeaktion „Sie bekommen den Kaufpreis zurück, wenn es am … regnet“, kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) ist.

Bei der von der Klägerin beabsichtigten Aktion kann jeder Kunde, der innerhalb eines vorab festgelegten Zeitraums in ihrem Unternehmen Waren für mindestens 100 € erwirbt, den Kaufpreis zurückerstattet erhalten, wenn an einem vorbestimmten Stichtag zwischen 12.00 und 13.00 Uhr am Flughafen Stuttgart mindestens eine Niederschlagsmenge von 3 l/qm fällt. Um den Kaufpreis zurückzuerlangen, müssen sich die Kunden bei der Klägerin melden und ihre Einkäufe während des Aktionszeitraums nachweisen.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe hatte die Werbeaktion beanstandet, weil es sich bei dieser geplanten Werbeaktion um ein erlaubnispflichtiges Glücksspiel i. S. v. § 3 Abs. 1 GlüStV handele. Dies folge insbesondere daraus, dass der gezahlte Kaufpreis als „Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance“ anzusehen sei. Der von der Klägerin geforderte Kaufpreis für die Waren sei zwingende Voraussetzung für den Erwerb der Gewinnchance des Kunden; er enthalte ein „verdecktes“ glücksspielrechtliches Entgelt, da er über dem objektiven Wert der Ware liege und der Kunde den Kauf im Hinblick auf die Gewinnchance tätige.

Mit ihrer dagegen gerichteten Klage hatte die Klägerin in beiden Vorinstanzen Erfolg.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Die Kunden entrichten ihr Entgelt nicht für den Erwerb einer Gewinnchance, sondern als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware. Sie wollen ein Möbelstück oder einen anderen Kaufgegenstand zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Unabhängig von der Gewinnaktion können die Kunden ohne Verlustrisiko die gekaufte Ware behalten. Die Verkaufspreise werden während des Aktionszeitraums nicht erhöht, so dass von den Kunden auch kein „verdecktes“ Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance verlangt wird.

BVerwG 8 C 7.13 – Urteil vom 09. Juli 2014

Vorinstanzen:
VGH Mannheim 6 S 892/12 – Urteil vom 09. April 2013
VG Stuttgart 4 K 4251/11 – Urteil vom 15. März 2012

§ 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland

(Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) in der ab 1. Juli 2012 geltenden Fassung

(1) Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Sportwetten sind Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Pferdewetten sind Wetten aus Anlass öffentlicher Pferderennen und anderer öffentlicher Leistungsprüfungen für Pferde.

(2) Ein öffentliches Glücksspiel liegt vor, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt.