Windenergieanlagen bei Boppard nahe dem UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal

Der Rhein-Hunsrück-Kreis muss über den Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen auf dem Gebiet der Stadt Boppard in der Nähe des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal erneut entscheiden. Dies ent­schied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Die Klägerin beantragte ursprünglich die Genehmigung von vier ca. 200 Meter hohen Windenergieanlagen auf dem Gebiet der Stadt Boppard, Gemarkung Weiler. Die Stand­orte liegen in der Nähe des UNESCO-Welterbes „Oberes Mittelrheintal“ außerhalb von Kernzone und Rahmenbereich des Welterbegebietes. Der beklagte Rhein-Hunsrück-Kreis lehnte im Januar 2015 die Genehmigung ab und verwies zur Begründung auf die Belange der natürlichen Eigenart der Landschaft, des Landschaftsbildes sowie auf die besondere Bedeutung des Denkmalschutzes, da die geplanten Anlagen unmittelbar an den Rahmenbereich des Weltkulturerbes angrenzten und von weitem sichtbar seien. Nach der vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur und dem Zweckverband Oberes Mittelrheintal gemeinsam in Auftrag gegebenen sogenannten Sichtachsenstudie bestehe ein sehr hohes Konfliktpotential mit dem Welterbe. Die auf Neubescheidung des Genehmigungsantrags für drei Windenergieanlegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht ab (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Koblenz Nr. 22/2018). Der hiergegen erhobenen Berufung der Klägerin gab das Ober­verwaltungsgericht statt und verpflichtete den beklagten Landkreis, erneut über den Genehmigungsantrag zu entscheiden.

Die vom beklagten Landkreis angeführten Versagungsgründe lägen nicht vor. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme werde es durch die Windenergieanlagen nicht zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes kommen. Eine Verunstaltung des Land­schaftsbilds durch Windenergieanlagen könne nur in Fällen angenommen werden, in denen in eine wegen ihrer Schönheit und Funktion ganz besonders schutzwürdige Umgebung in mehr als unerheblichem Maße beeinträchtigend eingegriffen werde. Bei dem Gebiet des Weltkulturerbes Oberes Mittelrheintal, in das die geplanten Anlagen aufgrund ihrer Höhe und ihrer Drehbewegungen einwirkten, handele es sich unabhän­gig von seinem Welterbestatus zwar um eine besonders schutzwürdige Landschaft. Nach der vom Gericht durchgeführten Inaugenscheinnahme des Landschaftsbildes unter Berücksichtigung des Störpotentials der drei Windenergieanlagen von den vier Aussichtspunkten, die von den Verfassern der vom Beklagten herangezogenen Sichtachsenstudie als repräsentativ für die Sichtbarkeit der Anlagen ausgewählt worden seien, sei jedoch eine Verunstaltung des Landschaftsbildes nicht festzustellen. Dem Vorhaben stehe angesichts der gesetzlichen Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich auch nicht entgegen, dass es die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige. Die Landesverordnung über das Landschaftsschutzgebiet Rheingebiet von Bingen bis Koblenz, deren Schutzzweck insbesondere die Erhaltung der land­schaftlichen Eigenart, der Schönheit und des Erholungswertes des Rheintals und seiner Seitentäler sei, stehe dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen. Auch insoweit fehle es an einer relevanten Beeinträchtigung. Beim Rheintal und seinen Seitentälern handele es sich keineswegs durchweg um ein von der Zivilisation bislang weitgehend unberührt gebliebenes und in diesem Sinne noch in einem weitestgehend naturnahen Zustand verbliebenes Gebiet. Über die Wohnbebauung hinaus seien Eisenbahnlinien, die Bundesstraße B 9, Häfen und Gewerbegebiete sowie Funk- und Strommasten zu sehen. Der Beklagte könne dem Beklagten schließlich auch Belange des Denkmal­schutzes nicht mit Erfolg entgegenhalten. Er habe in einem erneuten Verfahren zu prüfen, ob über die von ihm herangezogenen, aber nicht durchgreifenden Gründe hinaus sonstige Vorschriften der Errichtung der Anlagen entgegenstünden.