Windpark Kornberg-Dreimärker: Urteile liegen vor

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die Klagen eines Umweltverbands gegen drei Genehmigungen für die Errichtung von vier Windenergieanlagen (WEA) im Windpark Kornberg-Dreimärker im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 19.12.2023 am 20.12.2023 abgewiesen. Nun liegen die vollständigen Urteile vor.

Der Kläger wendet sich gegen drei Genehmigungen des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis für die Errichtung und den Betrieb von insgesamt vier WEA im Windpark Kornberg-Dreimärker auf Höpfinger und Hardheimer Gemarkung, namentlich eine Anlage des Typs Enercon E-115 EP3 mit einer Nennleistung von 4,2 MW und drei Anlagen des Typs Enercon E-138 EP3 E3 mit einer Nennleistung von 4,26 MW. Im November 2019 beantragten die beiden Vorhabenträgerinnen die Genehmigungen, die das Landratsamt im Dezember 2022 erteilte. Noch während der durch die Klageerhebungen am 09.02.2023 eingeleiteten Klageverfahren hatte das Landratsamt den Vorhabenträgerinnen, nachdem die ursprünglichen Anträge noch eine WEA des Typs Enercon E-113 EP3 E3 mit einer Nennleistung von 4,0 MW und vier WEA des Typs E-138 EP3 E2 mit einer Nennleistung von 4,2 MW zum Gegenstand gehabt hatten, am 16.11.2023 antragsgemäß Änderungsgenehmigungen zur Modernisierung des Anlagentyps erteilt. Gleichzeitig hatten die Vorhabenträgerinnen auf die Errichtung einer der ursprünglich fünf WEA verzichtet. Die Änderungsgenehmigungen waren noch im Dezember 2023 in die Klageverfahren einbezogen worden.

Urteilsgründe

Der 14. Senat des VGH führt zur Begründung aus, dass die Klagen zulässig, aber unbegründet seien.
Ohne Erfolg rüge der Kläger formelle Fehler. Insbesondere sei die Umweltverträglichkeitsprüfung den Anforderungen entsprechend durchgeführt worden.
Ebenfalls ohne Erfolg rüge der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote aus dem Bundesnaturschutzgesetz – darunter die Verbote, wild lebende Tiere besonders geschützter Arten zu töten, erheblich zu stören und ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu zerstören – könnten schon mit Blick darauf, dass der Ausbau der Nutzung der Windkraft einen faktisch unverzichtbaren Beitrag zu der verfassungsrechtlich durch die Staatszielbestimmung zum Umweltschutz in Artikel 20a GG und grundrechtliche Schutzpflichten gebotenen Begrenzung des Klimawandels leiste und die Inanspruchnahme von Waldflächen hierfür unverzichtbar sei, nicht dahin verstanden werden, dass sie die Errichtung von WEA auf Waldflächen von vornherein ausschlössen. Konkret habe das Landratsamt auf Grundlage ihm vorliegender umfangreicher Ermittlungen eine Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots zu Recht verneint. In vertretbarer Weise habe es u. a. angenommen, dass das Tötungsrisiko für Exemplare der Art Rotmilan durch drei der vier WEA nicht signifikant erhöht werde, weil die Horststandorte weit genug entfernt lägen und die WEA-Standorte selten frequentiert würden bzw. regelmäßig frequentierte Nahrungshabitate oder Flugkorridore nicht hätten festgestellt werden können. Bei der vierten Anlage habe das Landratsamt eine artenschutzrechtliche Ausnahme erteilen dürfen, u. a. weil diese Anlage nicht in einem sog. Rotmilan-Dichtezentrum stehe und zu Recht angenommen worden sei, dass für das konkrete Vorhaben zumutbare Alternativen – andere Standorte oder Betriebsweisen – nicht zur Verfügung stünden. Auch habe das Landratsamt eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos von Exemplaren der Art Haselmaus, die nach den Ermittlungen an einem der vier WEA-Standorte vorkomme, zu Recht verneint. Die Bedingungen (kleiner Eingriffsraum, gute Ausweichbedingungen, große, stabile und gesicherte Population) für die den fachlichen Standards entsprechenden und hier konkret vorgesehenen Vergrämungsmaßnahmen – der Rückschnitt von Bewuchs bis auf den Baumstumpf in der Zeit zwischen Januar und März (während des Winterschlafs) und die anschließende Rodung der Baumstümpfe ab April/Mai (nach dem Erwachen aus dem Winterschlaf und Verlassen der nunmehr unattraktiven Fläche) – seien erfüllt.

Auch sei in zulässiger Weise davon ausgegangen worden, dass die WEA das Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiet (FFH-Gebiet) „Odenwald und Bauland Hardheim“ nicht erheblich beeinträchtige. Insbesondere gelte dies auch für die eine im FFH-Gebiet stehende Anlage, weil an deren Standort der im FFH-Gebiet geschützte Lebensraumtyp (Waldmeister-Buchenwald) in seiner spezifischen Zusammensetzung nicht vorkomme und der geschützten Mopsfledermaus zwar in relevantem Umfang Habitatfläche genommen werde, die naturschutzfachlichen Bedingungen für diesen Flächenentzug aber im konkreten Fall erfüllt seien. Insbesondere handele es sich um keine für die Population besonders bedeutsame Fläche, weil keine Wochenstuben, Winterquartiere, Schwärm- und Paarungsquartiere, Ruhestätten und speziellen Jagdhabitate betroffen seien.

Schließlich sei auch den lärmimmissionsschutzrechtlichen Vorgaben in Bezug auf einen bestimmten Immissionsort (Stelle, an der Immissionsgrenzwerte durch die zusätzlichen Immissionen am ehesten überschritten wird) auf Bretzinger Gemarkung, den der Senat am 19.12.2023 in Augenschein genommen hatte, gewahrt – die Lärmimmissionen an anderen Immissionsorten standen nicht in Streit. Zwar gelte für diesen Ort nach der anzuwendenden Rechtsvorschrift (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) grundsätzlich ein nächtlicher Immissionsrichtwert von 35 dB(A), weil der Ort in einem reinen Wohngebiet liege. Nach der TA Lärm sei dieser Richtwert aber im Fall des Aneinandergrenzens von verschieden schutzbedürftigen Gebieten zu erhöhen. Hier grenzten solchermaßen verschieden schutzbedürftige Gebiete aneinander. Im Außenbereich sei die Errichtung und der Betrieb von WEA und damit auch die damit einhergehende Erzeugung von Lärm gesetzgeberisch gerade gewollt. Das Wohngebiet liege auf einer Anhöhe, grenze selbst an Außenbereichsfläche und öffne sich, wie in baulich gewährleisteten Sichtachsen, in Balkonen und Fenstern zum Ausdruck komme, gerade in Richtung genau der Außenbereichsfläche, in der die WEA errichtet werden sollten. Dem Immissionsort sei deshalb eine moderate Erhöhung jedenfalls um 3 dB(A) zuzumuten. Mit einer demnach zulässigen Gesamtbelastung von 38 dB(A) sei nach der Schallimmissionsprognose aber höchstens zu rechnen.

Die Revision wurde nicht zugelassen.