Bürgerbegehren in der Stadt Oestrich-Winkel zur Abschaffung des hauptamtlichen Ersten Stadtrates unzulässig

Die für Kommunalrecht zuständige 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat mit Beschluss vom heutigen Tag den Eilantrag der Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens zur Abschaffung der Funktion eines hauptamtlichen Ersten Stadtrates in der Stadt Oestrich-Winkel abgelehnt (Aktenzeichen 7 L 1651/19.WI).

Die Stadtverordnetenversammlung von Oestrich-Winkel beschloss im Jahr 2008, dass die Funktion des Ersten Stadtrates, also des ersten Vertreters des Bürgermeisters, im Hauptamt ausgeübt werden sollte. Die Amtszeit des aktuellen hauptamtlich tätigen Ersten Stadtrates endet am 31. Oktober 2019.

Einen Antrag der SPD,Fraktion auf Abschaffung dieses Hauptamtes lehnte die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am 8. April 2019 mehrheitlich ab. Zugleich beschloss die Stadtverordnetenversammlung auf Antrag von CDU und FDP mehrheitlich, dass der Wegfall des Hauptamtes eine unzumutbare Mehrbelastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung darstellen würde.

Daraufhin initiierten die Antragsteller ein Bürgerbegehren zur Abschaffung des hauptamtlichen Ersten Stadtrates. Am 28. Mai 2019 reichten sie das Bürgerbegehren mit der erforderlichen Anzahl an Unterschriften ein. Der Magistrat von Oestrich-Winkel gab zwei rechtliche Gutachten in Auftrag, eines beim Hessischen Städte, und Gemeindebund und eines bei Herrn Rechtsanwalt Bennemann. Beide Gutachten kamen – aus unterschiedlichen Gründen – zu dem Ergebnis, dass das Bürgerbegehren unzulässig sei.

Die Stadtverordnetenversammlung entschied am 19. August 2019, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen. Die Antragsteller reichten in der Folge Klage beim Verwaltungsgericht Wiesbaden auf Zulassung des Bürgerbegehrens ein und beantragten zugleich im Rahmen des nun entschiedenen Eilverfahrens, die Wahl eines neuen hauptamtlichen Ersten Stadtrates bis zu einer Entscheidung des Gerichts im Klageverfahren zu unterlassen.

Die 7. Kammer lehnte den Eilantrag ab, weil das Bürgerbegehren unzulässig sei. Zum einen enthalte es keinen Vorschlag zur Deckung der durch das Bürgerbegehren verursachten Kosten. Insbesondere hätte in dem Bürgerbegehren angegeben werden müssen, dass durch den Wegfall des Hauptamtes die Funktion des Ersten Stadtrates zwingend durch einen Ehrenamtlichen ausgeübt werden müsste. Für dessen Tätigkeit würden ebenfalls Kosten anfallen, insbesondere sei ihm eine Aufwandsentschädigung zu zahlen. Zwar sei wahrscheinlich zu erwarten, dass die Kosten eines ehrenamtlichen Ersten Stadtrates unter denjenigen eines hauptamtlichen liegen würden. Gleichwohl müssten die Aufgaben, die derzeit durch den hauptamtlichen Ersten Stadtrat ausgeübt werden, auf andere Köpfe verteilt werden. Dadurch würden unter Umständen ebenfalls Kosten zum Beispiel für die Einstellung neuer Mitarbeiter in der Stadtverwaltung anfallen. Jedenfalls sei nicht offensichtlich, dass die vom Bürgerbegehren bezweckte Abschaffung des Hauptamtes die günstigere Variante darstelle. Ein Kostendeckungsvorschlag sei damit nicht entbehrlich gewesen. Stattdessen hätte das Bürgerbegehren zumindest grob skizzieren müssen, warum die von ihm vorgeschlagene Abschaffung des Hauptamtes für die Stadt finanziell vorteilhafter wäre.

Darüber hinaus stellte die Kammer einen Mangel in der Begründung des Bürgerbegehrens fest. Aus den dort verwendeten Formulierungen könnten unbefangene Bürger darauf schließen, dass das Amt des Ersten Stadtrates komplett abgeschafft werden sollte. Nach der Hessischen Gemeindeordnung könne dieses Amt aber gar nicht gestrichen werden. Stattdessen würde die Funktion des Ersten Stadtrates bei Erfolg des Bürgerbegehrens in Zukunft durch einen Ehrenamtlichen wahrgenommen.

Gegen den Beschluss steht den Antragstellern binnen zwei Wochen die Beschwerde zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel offen.