Bürgerbeteiligungssatzung

VG Gießen
In dem Rechtsstreit um die Bürgerbeteiligungssatzung der Stadt Gießen hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen nach heutiger mündlicher Verhandlung ein Urteil verkündet, mit dem es die Klage der Stadt Gießen abgewiesen hat.

Nr. 05/2018

Gegenstand des Klageverfahrens ist die Anfechtungsklage der Stadt Gießen gegen die Beanstandung von Teilen der Bürgerbeteiligungssatzung, die seitens der Kommunalaufsicht des Landes Hessen (dem Regierungspräsidenten in Gießen) erfolgte.

Die Beteiligten streiten darüber, ob einzelne Vorschriften der von der Klägerin erlassenen Bürgerbeteiligungssatzung – § 8 Bürgerfragestunde, § 9 Bürgerschaftsversammlung und § 10 Bürgerantrag – rechtmäßig sind.

Die Stadtverordnetenversammlung der Klägerin beschloss in der Sitzung vom 19.03.2015 die streitgegenständliche Bürgerbeteiligungssatzung. Der Regierungspräsident Gießen beanstandete mit Bescheid vom 07.09.2015 aufgrund seiner Stellung als Aufsichtsbehörde gemäß §§ 136 Abs. 2, 138 Hessische Gemeindeordnung – HGO – einzelne Vorschriften der Satzung. Der Bescheid lautet:

Der Beschluss der Bürgerbeteiligungssatzung der Stadtverordnetenversammlung der Universitätsstadt Gießen vom 19.03.2015 wird insoweit beanstandet und aufgehoben als § 4 Abs. 3 Nr. 1-3, § 8 Abs. 4, 5, § 9 und § 10 der Bürgerbeteiligungssatzung beschlossen wurden.
Der Stadt Gießen wird aufgegeben, § 4 Abs. 3 Nr. 1-3, § 8 Abs. 4, 5, § 9, § 10 der Bürgerbeteiligungssatzung innerhalb von 10 Wochen nach Zugang dieser Entscheidung aufzuheben.

Die Klägerin, die ihre Satzung für rechtmäßig hält, beruft sich im Wesentlichen auf Art. 28 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 GG, Art. 17 GG und Art. 16 HV und ist der Auffassung, dass den Gemeinden das Recht gewährleistet sei, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Dazu gehörten die in der Bürgerbeteiligungssatzung vorgesehenen Bürgerbeteiligungsrechte. Wenn die HGO ausdrücklich in §§ 8a, 8b, 8c und 66 Abs. 2 HGO nur einige wenige Beteiligungsrechte regele, dann folge daraus nicht, dass die Einräumung von weiteren Rechten an die Bürger ausgeschlossen wäre.

Das beklagte Land (RP Gießen) hält die von ihm beanstandeten Reglungen der Satzung für rechtswidrig und begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Hessische Gemeindeordnung abschließend die Bürgerbeteiligungsrechte regele und darüber hinaus die Kommunen nicht berechtigt seien, weitergehende Rechte einzuführen. Dies sei Angelegenheit des Landesgesetzgebers.

Die 8. Kammer hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die beanstandeten Teile der Satzung nicht rechtens sind, vielmehr gegen die Hessische Gemeindeordnung verstoßen und daher zu Recht beanstandet worden sind. Es fehle es an der erforderlichen gesetzlichen Regelung. Die Berufung wurde nicht zugelassen. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor.

Die Entscheidung (Urteil vom 2. März 2018, Az.: 8 K4523/15.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils kann beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden.